Range Rover Velar: Stilvoll durch den Schnee

Gut sieht er aus, der Range Rover Velar: so der erste Gedanke bei Annäherung an das neueste Modell aus der Luxussparte von Land Rover. Die schwierige Aufgabe, ein großes SUV elegant zu verpacken, haben die Designer des 4,80 Meter langen Velar mit seinen straffen Linien bravourös gelöst – wobei sie die Gene robuster britischer Off-Roader immer durchschimmern lassen.

Die Briten (im Besitz der indischen Tata-Gruppe) haben viel Mühe auch für Details verwendet, hier Robustheit mit stylishem Auftritt zu verschmelzen. Die Türgriffe etwa, die in Grundstellung bündig mit der Karosserie abschließen. Erst bei Berührung- oder dem Druck auf die Fernbedienung – surren sie heraus: Bitte einsteigen, willkommen zur großen Fahrt. Leder und matt schimmerndes Edelholz, die typische britische Upperclass-Ausstattung, begrüßt die Insassen. Eine Familie mit zwei Kindern findet innen locker, fast luxuriös Platz. Zur Not können sich auch drei Mitfahrer die Rückbank teilen. Der mittlere Sitz ist, wie mittlerweile üblich, eher als Notsitz ausgeführt. Besser, man klappt ihn nach vorne, so dass die Hinterbänkler ihn als Armlehne benutzen können. Oder die so entstandene Lücke dient als Durchlade. Beispielsweise für Ski. Zwei, drei Paar passen durch. Ski für die Kinder plus Reisetaschen für eine Woche schluckt der Laderaum gerade so: Wer eng packt, kann sich also die Dachbox sparen. Zum Laden von Sportgepäck empfiehlt es sich allerdings, mit einer Decke das feine Velour des Laderaums zu schützen.

Die größte Überraschung erlebt der Fahrer, wenn er das Bild britischer Off-Roader als robuste mechanische Fahr-Werkzeuge im Hinterkopf hat. Denn deren griffige, teils klobige Schalter und Tasten sind aus Cockpit und Mittelkonsole fast komplett verschwunden. Statt ihrer dominieren drei große Bildschirme: Einer mit virtuellem Tacho und Drehzahlmesser, sowie zwei Touchscreens in der Mittelkonsole. Nahezu alle Funktionen werden, als säße man in einem Tesla oder dem neuen Audi A8, über die berührungsempfindlichen Oberflächen bedient. Das ist gewöhnungsbedürftig und erfordert manchmal kräftiges Zudrücken. Aber es ist zumindest konsequent Richtung Zukunft gedacht. Audio und Navi sind übersichtlich und leicht bedienbar, wenn auch nicht mit ganz so ausgefeilter Grafik wie bei Mercedes und Co. Außerdem gehören Jaguar und Land Rover zu den letzten Marken, die sich Apple Car Play und Android Auto verweigern; zur Vernetzung mit dem Smartphone gibt es eine eigene App.

Aber all das tritt in den Hintergrund, wenn der Velar fährt. Souverän und mit kommoder Geräuschkulisse rollt der getestete D300 mit 300 PS starkem Diesel-V6 über die Autobahn. Trotz der – relativ zu anderen Off-Roadern – niedrigeren Höhe stellt sich das Gefühl ein, erhaben über dem Verkehr zu thronen; der Velar wirft sich nicht in das Rennen um das sportlichste SUV. Eher vertritt er, seiner modernen Optik zum Trotz, die Old School der Off-Roader, die mit langen Federwegen (hier per Luftfederung) Komfort garantieren. So lassen sich entspannt auch mehrere 100 Kilometer reisen, ohne dass Rücken oder Nerven leiden. Auch enge Kehren von Pass-Straßen durchfährt man entspannt. Bei hohem Tempo erinnert einen die Seitenneigung der Karosserie daran, dass man doch im Urlaub sei und es gelassen angehen möge. Das Auto strahlt einfach eine Gelassenheit und Noblesse aus, die sich auf die Insassen überträgt und jede Hektik minimiert.

Natürlich kann er auch zügig. Er ist das fahraktivste Auto, das je aus dem Werk Solihull rollte. Doch seine Stärke bleibt eine andere: seine markentypische Off-Road-Fähigkeit. In heftiges Gelände wird kaum ein Kunde sein mindestens 56.400 Euro teures Schätzchen scheuchen. Aber schon auf Eis und Schnee spielt er seine Stärken aus: Verliert ein Rad den Grip, regelt das System kurz, und schon geht es sicher weiter. Noch souveräner meistert der Velar winterliche Bedingungen, wenn der – nun ebenfalls als Touch-Fläche ausgeführte – Wahlschalter des "Terrain Response" entsprechend geklickt wird.

Über die gesamte Reise, von den verschneiten Straßen im Skiort bis zu schnellen Autobahn-Etappen, schluckte der Velar 8,5 Liter Diesel auf 100 Kilometer. Kein Rekordwert, aber für ein Fahrzeug dieser Größe akzeptabel. Wer weniger Sprit verbrennen möchte, und ein paar Pausen an Steckdosen einplant, muss bis nächstes Jahr warten: Dann kommt der Velar wahrscheinlich als Plug-In-Hybrid.

Marcus Efler / mid

Range Rover Velar D300

Fünftüriges SUV, Länge/Breite m. Sp./Höhe/Radstand in mm: 4.803/2.145/1.685/ 2.874; Wendekreis: 11,6 m; Gewicht: 1.959 kg, Zuladung: 651 kg, Anhängelast: 2,5 Tonnen; Sitzkapazität: 5; Kofferraum: 673 – 1.731 l; Tankinhalt: 66 l

Motor: V6-Turbodiesel; Hubraum 2.993 ccm; Leistung 221 kW (300 PS) bei 4.000/min; Drehmoment: 700 Nm bei 4.000/min; Höchstgeschwindigkeit: 241 km/h; 0 – 100 km/h: 6,5 s; Antrieb: Allrad; Getriebe: 8-Gang-Automatik; Verbrauch: 6,4 l/100 km; CO2-Emissionen:167 g/km; Schadstoffklasse: Euro 6; Preis: ab 66.400 Euro (Einstieg: Velar D180 ab 56.400 Euro)

Fotocredits: Marcus Efler / mid, JLR
Quelle: GLP mid

(dpa)